Über 500 Anfragen zu deutsch-französischen Rechtsfällen: Rückblick nach einem Jahr "Justiz ohne Grenzen"

Ein Jahr ist seit dem Start von „Justiz ohne Grenzen“ vergangen.

In dieser Zeit hat sich das Projekt als wichtige Anlaufstelle für deutsch-französische Rechtsfälle in der Grenzregion etabliert, sei es bei Kündigungen von Arbeitsverhältnissen, deutsch-französischen Scheidungen oder Erbfällen.

Bilanz nach dem ersten Projektjahr

Ein Jahr ist seit dem Start von „Justiz ohne Grenzen“ im Februar 2023 vergangen. Seitdem bietet das Projekt eine Anlaufstelle für deutsch-französische Rechtsfälle. Egal, ob es um eine Kündigung im Nachbarland geht, um eine deutsch-französische Scheidung oder einen Sorgerechtsstreit, „Justiz ohne Grenzen“ unterstützt Bürgerinnen und Bürger auf vielfältige Weise.

Kern des Projekts ist die „deutsch-französische Kontaktstelle für Justizfragen in der Grenzregion“, die im Mai 2023 offiziell eröffnet wurde. Hier erhalten Betroffene halbstündige Erstberatungen durch zweisprachige Anwältinnen, Notare und Gerichtsvollzieher.

Dank der Finanzierung durch das EU-Programm Interreg Oberrhein sowie weiterer deutsche und französische Finanzpartnerschaften sind die juristischen Beratungen für Bürgerinnen und Bürger kostenfrei.

Bis zum Stichtag im Februar 2024, also ein Jahr nach Projektbeginn, wurden fast 160 solcher Erstberatungen im Rahmen von „Justiz ohne Grenzen“ durchgeführt, entweder in den Räumen des Projektträgers Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V. (ZEV) in Kehl oder online per Videokonferenz.

Die Besonderheit: Das Projektteam bereitet jeden Fall vorher auf und teilt die Rechtsexpertinnen und -experten zielgerichtet je nach relevantem Rechtsgebiet zu.

„Die positiven Rückmeldungen zeigen uns, dass ‚Justiz ohne Grenzen‘ konkrete Antworten auf einen Bedarf im deutsch-französischen Alltag liefert“, so Projektleiterin Désirée Gagsteiger.

Zusätzlich zu den Sprechstunden bietet das Projekt Informationen über die Rechtssysteme beider Länder auf der Projekt-Webseite, sowie Beratungen zu den sogenannten Vereinfachten Europäischen Gerichtsverfahren an.

Diese grenzüberschreitende Klageoption ist - anders als der Name vermuten lässt - für Nicht-Juristinnen und Nicht-Juristen oft schwer zugänglich. Das Ausfüllen der nötigen Formulare fordert rechtliches Knowhow, das „Justiz ohne Grenzen“ Rechtssuchenden liefern kann.

Insgesamt hat das Team im ersten Jahr rund 520 individuelle Anfragen bearbeitet.

Scheidung, Kündigung & mehr

Recht ist komplex, insbesondere wenn sich die Rechtssysteme zweier verschiedener Länder gegenüberstehen.

Beispielsweise unterscheidet sich das Arbeitsrecht teils erheblich. Immer wieder wenden sich französische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger an „Justiz ohne Grenzen“, nachdem sie in Deutschland gekündigt wurden.

Dabei stellen die unterschiedlichen Fristen zur Erhebung einer Klage gegen die Kündigung eine Herausforderung dar. Während diese in Frankreich ein ganzes Jahr beträgt, sind es in Deutschland nur drei Wochen.

Lion-Joed Char, Jurist bei „Justiz ohne Grenzen“, betont: „Personen, denen gekündigt wurde, raten wir, uns schnellstmöglich zu kontaktieren.“

Neben dem Arbeitsrecht, das etwa 12 Prozent der Anfragen von deutschen und französischen Rechtssuchenden ausmacht, beschäftigt sich das Projektteam neben vieler weiterer Rechtsgebiete mit dem Familienrecht (11 Prozent).

Gerade deutsch-französische Scheidungen werfen Fragen auf, beginnend mit der Unsicherheit darüber, welches Recht - deutsches oder französisches – Anwendung findet.

28 Prozent der Anfragen betreffen allgemeine zivilrechtliche Fragestellungen, wie z.B. verbraucherrechtliche Streitfälle rund um Warenkäufe oder Verträge zwischen Privatpersonen.

Kontaktaufnahme mit „Justiz ohne Grenzen“

Bürgerinnen und Bürger können das Projektteam über das Kontaktformular auf der Webseite kontaktieren.

Wer sich unsicher ist, ob „Justiz ohne Grenzen“ der richtige Ansprechpartner ist, muss keine Sorge haben.

Das gut vernetzte Projektteam wird stets an die geeignete Stelle verweisen. Eine der vielen Rechtssuchenden, denen das Projekt geholfen hat, berichtet:

„Nach über einem Jahr konnte ich den Kampf um mein deutsch-französisches Erbe endlich beenden.“