Recht haben und Recht bekommen – SCANII Projekt

Grundsätzlich verfügt die Europäische Union, insbesondere im internationalen Vergleich, über ein hohes Verbraucherschutzniveau. Diese Vorschriften geben den Verbraucherinnen und Verbrauchern Rechte in der ganzen Europäischen Union und verpflichten gleichzeitig Gewerbetreibende, bestimmte Vorschriften einzuhalten. Diese Regeln gelten nicht nur in nationalen Fällen, sondern auch in grenzüberschreitenden Fällen, in denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher und Unternehmen in verschiedenen EU-Ländern befinden. So haben EU- Verbraucherinnen und -Verbraucher beispielsweise bei online-Einkäufen 14 Tage Zeit, um den Vertrag zu widerrufen. 

Da Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend grenzüberschreitend einkaufen und mit Unternehmen Geschäfte machen, ist auch die grenzüberschreitende Durchsetzung des EU-Verbraucherrechts wichtig.

Um die möglichen Streitigkeiten schneller und einfacher zu lösen, können Verbraucherinnen und Verbraucher das von der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 vorgesehene europäische Verfahren für geringfügige Forderungen (ESCP) nutzen. Das Verfahren kann in fast allen EU-Ländern (mit Ausnahme von Dänemark) mit den dafür vorgesehenen Formularen und ohne Hilfe einer Anwältin oder eines Anwalts eingeleitet werden. Die Urteile sind auch ohne weitere Formalitäten in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vollstreckbar.

Die Vollstreckung erfolgt aber nach den Regeln und Verfahren des Mitgliedstaats, in dem das Urteil vollstreckt wird.

Wie mehrere Beispiele aus der Verbraucherberatung zeigen, erfahren Verbraucherinnen und Verbraucher regelmäßig Probleme bei der Vollstreckung der Urteile. Neben den Sprachbarrieren machen es insbesondere unterschiedliche Regelungen und Formalitäten in den jeweiligen Staaten schwierig, die relevanten Informationen zu finden, um das Vollstreckungsverfahren überhaupt einzuleiten. Durch diese Schwierigkeiten entscheiden sich manche Verbraucherinnen und Verbraucher, ihre Rechte nicht geltend zu machen.

Dies soll sich ändern. Das Zentrum für Europäisches Verbraucherschutz beteiligt sich, als Verbraucherorganisation, am Projekt SCAN II, dessen Ziel es ist, die Vollstreckungsverfahren in den 26 EU-Mitgliedstaaten zu vereinfachen und zu digitalisieren.

Das SCAN II-Projektkonsortium besteht aus Expertinnen und Experten für internationales Zivilprozessrecht, internationales Privatrecht und Informationstechnologie. An diesem Projekt werden über 100 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, 100 Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, 26 Verbraucherverbände, 5 politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sowie 1500 Verbraucherinnen und Verbraucher aus der gesamten EU beteiligt sein.

Im Rahmen des SCAN II-Projekts wird unter anderem eine IT-Plattform errichtet, die eine wirksame Anleitung zu den EU-Vollstreckungsvorschriften für ESCP-Urteile bietet und ein Blockchain-System zur Förderung der Vollstreckungsverfahren entwickelt.

Auf der Website des Projekts wurde bereits eine interaktive Karte veröffentlicht, auf der man sich Informationen zur Vollstreckung in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten anzeigen lassen kann.

 

Das Projekt wird im Rahmen des EU-Programms JUSTICE finanziert und läuft von März 2022 bis Februar 2024.