Lebensmittelverschwendung in Frankreich
Lebensmittelverschwendung gibt es sowohl in Frankreich als auch in Deutschland. Doch wie wird dieses Problem im Nachbarland gehandhabt?
Das ZEV fasst die wichtigsten Punkte des französischen Anti-Wegwerf-Gesetzes zusammen. Denn darin werden nicht nur Supermärkte zum Spenden angehalten, um Verschwendung zu vermeiden. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher sollen aktiv werden, indem sie in Restaurants Doggybags verlangen und mit Apps Lebensmittel vor der Tonne retten.
Frankreich produziert laut französischem Umweltministerium jährlich 10 Millionen Tonnen an Lebensmittelabfällen, in Deutschland sind es nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 10,9 Millionen Tonnen, die jährlich weggeworfen werden.
Die größten Unterschiede lassen sich bei Endverbrauchenden feststellen: in deutschen Haushalten landen jährlich pro Kopf 78 Kilogramm (kg) an Lebensmitteln in der Tonne, in Frankreich sind es 60 kg pro Person.
FAQ: Anti-Wegwerf-Gesetz in Frankreich
Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland verschwenden Endverbrauchende die meisten Lebensmittel.
Laut einer französischen Studie stammten in Frankreich ein Drittel der gesamten Lebensmittelabfälle vom Konsumenten.
Die restlichen zwei Drittel verursachten die Produktion (32 Prozent), die Verarbeitung (21 Prozent) und der Handel (14 Prozent). In Deutschland sind Verbrauchende mit 59 Prozent sogar für mehr als die Hälfte aller weggeworfenen Lebensmittel verantwortlich.
Überraschend: Französische Haushalte werfen jährlich 7 kg an frisch verpackten Nahrungsmitteln pro Person weg.
Frankreich hat 2013 als erstes europäisches Land ein Gesetz auf den Weg gebracht, um gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Seitdem folgten noch mehrere Gesetze im Kampf gegen Ressourcenverschwendung. Deutschland hat sich dabei mehr Zeit genommen und das Problem erst später erkannt.
Unser Nachbarland hat sich als Ziel gesetzt, die Lebensmittelabfälle des Handels und der Gemeinschaftsgastronomie bis 2025 zu halbieren, und zwar im Vergleich zu 2015. Produktion, Weiterverarbeitung und gewerbliche Gastronomie sollen das gleiche Ziel bis 2030 erreichen.
In Deutschland wird ein ähnliches Ziel für 2030 angestrebt, allerdings nur auf Einzelhandels- und Verbraucherebene. Bei der Produktion und den Lieferketten ist in Deutschland lediglich von einer „Verringerung“ der Lebensmittelabfälle die Rede.
Der grundlegende Unterschied liegt darin, dass die politischen Maßnahmen in Deutschland Empfehlungen sind und auf freiwilliger Basis beruhen. In Frankreich dagegen sind sie rechtskräftig.
Schon im jungen Alter werden französische Kinder in Schulen auf die Problematik der Lebensmittelverschwendung aufmerksam gemacht und viele Programme wurden bereits eingeführt. Im Grenzgebiet bemüht sich beispielsweise Strasbourg Initiation Nature Environment (kurz SINE) darum, Schülerinnen und Schüler zu sensibilisieren.
Des Weiteren empfiehlt das französische Umweltministerium den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Kühlkette ihrer Einkäufe zu beachten, zu große und impulsive Einkäufe zu vermeiden und das Haltbarkeitsdatum richtig zu deuten.
Gut zu wissen: Lebensmittel können auch noch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verzehrt werden. Es sollte jedoch geprüft werden, ob sie noch genießbar sind.
Nein! Große Supermärkte, d.h. Lebensmittelgeschäfte mit einer Fläche von mindestens 400 m², dürfen unverkaufte und noch verzehrbare Lebensmittel nicht unbrauchbar machen.
Hier ist zwischen den Angaben zur Haltbarkeit zu unterscheiden:
- Auch wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, gilt ein Produkt noch als verzehrbar. Diese Produkte dürfen von den Supermärkten nicht unbrauchbar gemacht werden und können gespendet werden.
- Die Spende von Produkten deren Mindestverzehrdatum überschritten ist, ist gesetzlich verboten.
Die folgenden Lebensmittel dürfen beispielsweise nicht gespendet werden:
- Nicht vorverpackte Lebensmittel tierischen Ursprungs (z.B. Fleisch und Käse)
- Gekühlte Produkte, die verdorben oder beschädigt sind oder ein abnormales Aussehen aufweisen,
- Lebensmittel, deren Mindestverzehrdatum überschritten ist.
Bevor die Lebensmittel gespendet werden können, müssen
- das Mindesthaltbarkeitsdatum,
- die Temperatur, bei der die Produkte gelagert wurden und
- der Zustand der Produkte und der Verpackungen
geprüft werden.
Ja!
Seit Juli 2021 ist es in Frankreich verpflichtend, Doogybags anzubieten.
In Frankreich haben Privatpersonen die Möglichkeit, nicht verkaufte Lebensmittel für einen geringen Preis oder kostenlos in Supermärkten und Restaurants abzuholen.
Hierzu gibt es unter anderem folgende Apps:
- Too Good To Go,
- OptiMiam,
- Zéro-Gâchis.
Französische Verbraucherinnen und Verbraucher werden zu einem bewussten Umgang mit Lebensmitteln angehalten und dazu aufgefordert, die Verschwendung so gering wie möglich zu halten – sei es in der Mensa, im Restaurant oder eben zu Hause.
Folgende Begrifflichkeiten sind in Frankreich zu unterscheiden:
- Das Mindesthaltbarkeitsdatum („date de durabilité minimale“, kurz DDM) wird auf der Verpackung mit einem Hinweis „à consommer de préférence avant le…“ (mindestens haltbar bis…“) angegeben. Das Herstellerunternehmen garantiert alle geschmacklichen und Nährwerteigenschaften des Produkts bis zu diesem Datum. Auch nach diesem Datum ist es gesundheitlich unbedenklich, das Produkt zu verzehren.
- Das Mindestverzehrdatum („date limite de consommation“, kurz DLC) wird auf der Verpackung mit einem Hinweis „à consommer jusqu’au…“ angegeben. Dieses Datum wird auf empfindlichen Produkten, die eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen können, wenn sie nach diesem Datum verzehrt werden, angegeben.
Links zum Thema
- La loi anti-gaspillage pour une économie circulaire (auf Französisch)