Der Gerichtsvollzieher in Frankreich: Aufgaben und Kosten

Dieser Artikel widmet sich dem Gerichtsvollzieher in Frankreich, genannt commissaire de justice (früher huissier de justice).

Der commissaire de justice setzt Gerichtsurteile und Vollstreckungstitel durch.

Außerdem kümmert er sich um die Eintreibung von Schulden, zum Beispiel bei nicht bezahlten Rechnungen.

Neben den Aufgaben des Gerichtsvollziehers beleuchten wir die Kosten.

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Warum 'commissaire de justice'?

Der Beruf des commissaire de justice (etwa "Gerichtskommissar") existiert seit dem 1. Juli 2022.

Er ist aus der Zusammenlegung von zwei Berufen entstanden: dem des huissier de justice ("Gerichtsvollzieher") und dem des commissaire-priseur judiciaire ("Auktionator").

Der commissaire de justice hat eine öffentliche Aufgabe, die ihm vom französischen Justizministerium übertragen wird.

Welche Aufgaben hat der Gerichtsvollzieher in Frankreich?

Die Gerichtsvollzieherin oder der Gerichtsvollzieher in Frankreich (commissaire de justice) hat vielfältige Aufgaben. 

Dazu zählt die Vollstreckung von Gerichtsurteilen und anderen Vollstreckungstiteln.

Außerdem sorgt der commissaire de justice dafür, dass Schuldnerinnen und Schuldner ihre Forderungen gegenüber Gläubigerinnen und Gläubigern erfüllen.

Ist eine gütliche Einigung nicht möglich, hat er die Möglichkeit, eine Pfändung oder Zwangsräumung vorzunehmen.

Daneben hat er weitere Aufgaben wie die Erstellung von Gutachten, die vor Gericht als Beweismittel gelten, oder die Versteigerung von Gegenständen.

Wie hoch sind die Kosten für einen Gerichtsvollzieher in Frankreich?

Wie viel ein französischer Gerichtsvollzieher kostet, hängt davon ab, welche Dienstleistung er erfüllt.

  • Für eine Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung (sommation de payer avec mise en demeure) fallen rund 30 Euro an
     
  • Für einen Zahlungsbefehl (commandement de payer) rund 15 bis 60 Euro
     
  • Für einen Mahnbescheid (injonction de payer) rund 25 Euro
     

Gut zu wissen
Für eine Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung und einen Mahnbescheid müssen Sie nicht zwingend einen Gerichtsvollzieher einschalten.

Für die Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung genügt ein Einschreiben mit Rückschein (lettre recommandée avec accusé de réception) und für den Mahnbescheid können Sie die Richterin oder den Richter selbst anrufen.

Wer trägt die Kosten für den Gerichtsvollzieher in Frankreich?

Wenn ein Vollstreckungstitel vorliegt, muss der Schuldner die Kosten für den Gerichtsvollzieher bezahlen.

Der Betrag hängt von der Höhe der Summe ab, die dem Gläubiger zusteht.

  • Beträgt der vom Gerichtsvollzieher eingezogene Betrag 44 Euro oder weniger, muss der Schuldner eine Inkassogebühr in Höhe von 5,10 Euro inkl. MwSt zahlen.
     
  • Beträgt der vom Gerichtsvollzieher eingezogene Betrag zwischen 44 Euro und 125 Euro, wird ein Satz von 9,67 % zzgl. MwSt. zugrunde gelegt.
     
  • Zwischen 125 Euro und 610 Euro beträgt der Satz 6,29 % zzgl. MwSt.
     
  • Bei einem Betrag zwischen 610 Euro und 1.525 Euro ist ein Satz von 3,38 % zzgl. MwSt. auf den vom Gerichtsvollzieher eingezogenen Betrag zu zahlen.
     
  • Ab einem Betrag von 1.525 Euro ist ein Satz von 0,29 % zzgl. MwSt. auf den vom Gerichtsvollzieher eingezogenen Betrag zu zahlen.

Achtung

Um den Gesamtbetrag zu ermitteln, ist abgesehenin der ersten Kategorie ein Mehrwertsteuersatz von 20 % hinzuzurechnen.

Kann ich einen Gerichtsvollzieher auch ohne Gerichtsurteil beauftragen?

Wenn Ihnen jemand Geld schuldet, haben sie als Gläubiger die Möglichkeit, einen Gerichtsvollzieher zu beauftragen.

Die Aufgabe des Gerichtsvollziehers besteht dann darin, das Geld beim Schuldner einzutreiben.

Die Vergütung des Gerichtsvollziehers variiert je nach Höhe des einzutreibenden Geldbetrags.

Wenn der Gerichtsvollzieher einen Betrag von 188 Euro oder weniger eintreibt, muss der Gläubiger eine Gebühr von 25,54 Euro inkl. MwSt. entrichten.

Wenn der Gerichtsvollzieher einen Betrag von mehr als 188 Euro eintreibt, wird die vom Gläubiger zu zahlende Gebühr nach einem Satz berechnet.

  • Von 0 Euro bis 125 Euro gilt ein Satz von 11,61 % zzgl. MwSt.
     
  • zwischen 125 Euro und 610 Euro gilt ein Satz von 10,64 % zzgl. MwSt.
     
  • zwischen 610 Euro und 1.525 Euro beträgt der Steuersatz 10,16 % zzgl. MwSt.
     
  • Für die darüberhinausgehenden Beträge bis 52.400 Euro gilt ein Steuersatz von 3,87 % zzgl. MwSt.
     
  • Bei mehr als 52.400 Euro gilt ein Steuersatz von 2,98 % zzgl. MwSt.

Achtung
Wenn der Gerichtsvollzieher einen Betrag von über 188 Euro eintreiben soll, kommt eine Mehrwertsteuer (MwSt.) von 20 % hinzu.

Gut zu wissen

Für Forderungen von bis zu 5.000 Euro aus einem Vertrag können Sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen, ohne zuvor ein Gericht anzurufen.

Dieses Verfahren gilt nur für zivilrechtliche Streitigkeiten (zum Beispiel im Zusammenhang mit einem Mietvertrag oder einem Kaufvertrag).

Sie können den Gerichtsvollzieher per Post, in der Kanzlei oder online über die Plattform CREDICYS kontaktieren.

Dort können Sie die Höhe der Forderung mit allen relevanten Unterlagen sowie die Kontaktdaten des Schuldners angeben. Dieses Verfahren wird als procédure simplifiée de recouvrement des petites créances bezeichnet ("vereinfachtes Verfahren zur Eintreibung von Kleinforderungen")

Nach der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher hat der Schuldner einen Monat Zeit, um zu entscheiden, ob er am Verfahren teilnehmen möchte oder nicht.

Wichtig: Das Ausbleiben einer Antwort wird als Ablehnung betrachtet.

  • Wenn der Schuldner dem Verfahren zustimmt und die Höhe der Forderung akzeptiert, wird zwischen Schuldner und Gerichtsvollzieher eine Vereinbarung getroffen. Diese führt zur Ausstellung eines Vollstreckungstitels.
     
  • Weigert sich der Schuldner, am Verfahren teilzunehmen, dann stellt der Gerichtsvollzieher diese Weigerung schriftlich fest. Der Gläubiger hat dann andere Möglichkeiten, um sein Geld zu bekommen (Vorladung, Zahlungsbefehl, Anrufung eines Schlichters).

Im Erfolgsfall betragen die Kosten für den Gläubiger etwa 40 Euro.

Ist das Verfahren nicht erfolgreich, sind es rund 10 Euro.