Vergleich der deutschen und französischen Behindertenausweise: Das Wichtigste im Überblick

Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich gewährt der Schwerbehindertenausweis seinen Inhabern aufgrund ihrer Behinderung gewisse Rechte (Vorzugstarife in Verkehrsmitteln oder in Freizeit- und Kultureinrichtungen, Steuerbefreiungen, Parkerleichterungen usw.).

Ziel ist es ihnen das tägliche Leben zu erleichtern und ihre Mobilität zu unterstützen.

Aber welche Rechte verleihen diese Ausweise in den ausstellenden Ländern? Wie und nach welchen Kriterien werden sie vergeben? Ist ein deutscher Behindertenausweis auch in Frankreich gültig?

Im Folgenden einige Details:

Die verschiedenen Behindertenausweise in Deutschland und in Frankreich

Deutschland: Ein genauerer Blick auf den Schwerbehindertenausweis

In Deutschland gibt es nur einen einzigen Behindertenausweis, den Schwerbehindertenausweis, in dem aber verschiedene Merkzeichen eingetragen sein können.

Es handelt sich hierbei um eine Karte im Kreditkartenformat, die:

  • entweder einfarbig grün,

  • oder zweifarbig grün-orange sein kann (insbesondere bei den Angaben G, aG, H, Bl oder Gl).

Die verschiedenen Merkzeichen auf dem Ausweis, in Form eines Buchstabens oder einer Gruppe von Buchstaben, kennzeichnen die Art der Behinderung und die damit verbundenen Rechte, insbesondere Leistungen und Vergünstigungen.

Merkzeichen

Beispiele für Ansprüche/Nachteilsausgleiche

« G »
Einschränkung der Bewegungsfähigkeit
« aG »
Außergewöhnliche Gehbehinderung

 

Unentgeltliche Beförderung im ÖPNV (öffentlichen Personennahverkehr) und Parkmöglichkeiten

« H »

Hilflosigkeit

« BI »
Blindheit

 

Unentgeltliche Beförderung im ÖPNV und Steuerbefreiung

« GI »
Gehörlosigkeit

Unentgeltliche Beförderung im ÖPNV und Vorzugstarife für Telefonverträge mit der Deutschen Telekom

« B »
Erforderlichkeit einer Begleitperson für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
Unentgeltliche Beförderung im ÖPNV (auch für die Begleitperson)
« RF »
Rundfunk/Fernsehen (Rundfunkbeitragsermäßigung und Telefongebührenermäßigung)
Steuerbefreiung und Vorzugstarife für Telefonanschlüsse bei der Deutschen Telekom
« 1. KI »
1. Klasse

„Erste Klasse“ ermöglicht das Reisen in der ersten Klasse in Zügen der Deutschen Bahn, auch mit einer Fahrkarte der zweiten Klasse

« TBI »
Taubblindheit
Befreiung von der Gebühr für audiovisuelle Medien
« Kriegsbeschädigt, EB oder VB »
Kriegsverwundete oder politische Flüchtlinge
Steuerbefreiungen

 

 

Zusätzlich gibt es in Deutschland zwei Parkausweise:

  • Der Parkausweis für Personen mit Behinderungen in der Europäischen Union, der Parkerleichterungen in ganz Europa gewährt. Nur Inhaber des Schwerbehindertenausweises mit dem Vermerk aG und Bl haben ein Anrecht darauf.
  • Der orangene Ausweis, der nur in Deutschland Parkerleichterungen gewährt.

Frankreich: Fokus auf die Carte Mobilité Inclusion (CMI)

Die Carte Mobilité Inclusion bzw. CMI gibt es in drei verschiedenen Ausführungen:

  • Die CMI priorité ermöglicht den vorrangigen Zugang zu Sitzplätzen in öffentlichen Verkehrsmitteln und Warteschlangen.
  • Die CMI invalidité, ggf. mit dem Zusatz „besoin d‘accompagnement“ oder „besoin d’accompagnement cécité“ (Notwendigkeit einer Begleitung bzw. Notwendigkeit einer Blindenbegleitung), gewährt dem Ausweisträger und der begleitenden Person dieselben Rechte wie die CMI priorité.

Sie berechtigt den Inhaber auch zu bestimmten steuerlichen, sozialen und wirtschaftlichen Vorteilen. Dazu gehören u.a. ermäßigte Tarife (Verkehrsmittel, Museen, Schwimmbäder usw.), ein zusätzlicher halber Steuerfreibetrag im Steuerhaushalt und damit eine Steuerentlastung, eine Befreiung von Arbeitgeberbeiträgen, die Anerkennung als behinderter Arbeitnehmer (der RQTH-Status, „Reconnaissance de la Qualité de Travailleur Handicapé“), angepasste Arbeitszeiten im beruflichen Umfeld usw.

  • Die CMI stationnement gewährt Parkerleichterungen. Sie ermöglicht es insbesondere, kostenlos und zeitlich unbegrenzt auf öffentlich zugänglichen Flächen zu parken. Bitte beachten Sie: Auf Beschluss des Rathauses kann die Dauer begrenzt werden. Sie darf jedoch niemals weniger als 12 Stunden betragen. Dabei gilt es auch zu beachten, dass die CMI stationnement für den jeweiligen Besitzer und nicht für das Fahrzeug gilt.

Die CMI stationnement und der alte Parkausweis, der bis Ende 2026 gültig ist, werden in allen europäischen Ländern anerkannt: Sie sind "europäische Parkausweise".

Die CMI hat Kreditkartenformat und trägt immer den Zusatz mit dem sie ausgestellt wurde.

Je nach Situation können mehrere CMI gleichzeitig ausgegeben werden. Eine behinderte Person, die eine CMI invalidité besitzt, kann auch eine CMI stationnement beantragen. Ebenso kann der Begünstigte einer CMI priorité auch eine CMI stationnement erhalten. Aber Achtung: Nur die CMI stationnement kann kombiniert werden! Die beiden anderen Ausweise werden nie derselben Person gewährt.

Gut zu wissen

Die CMI kann sowohl für eine dauerhafte als auch für eine vorübergehende Behinderung gewährt werden, sofern die Beeinträchtigung voraussichtlich mindestens ein Jahr andauert.

Welche Kriterien gelten für die Vergabe?

In Deutschland richten sich die Bedingungen für die Ausstellung von Behindertenausweisen nach dem sogenannten „Grad der Behinderung“ (GdB). Der Schwerbehindertenausweis wird ab einem GdB von 50 ausgestellt.

Gut zu wissen

Die Einheit GdB steht für den Grad und das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung einer Person, unabhängig von der Ursache der Störung. Sie hat nichts mit der Einheit "Grad der Schädigung" oder GdS zu tun, die sich nur auf die durch die Behinderung verursachten Folgen stützt.

In Frankreich richten sich die Bedingungen für die Ausstellung von Behindertenausweisen nach dem Prozentsatz, der die Beeinträchtigung durch die Behinderung wiedergeben soll:[DG1] 

  • Die CMI "Invalidité" wird jeder Person ausgestellt, deren dauerhafter Behinderungsgrad nach der französischen Tabelle mindestens 80 % beträgt oder die als Invalide der Kategorie 3 oder der Gruppe 1 und 2 der Aggir-Tabelle (ein Instrument, das den Grad des Autonomieverlusts der betroffenen Person misst) anerkannt ist.
     
  • Die CMI "Priorité" kann jeder Person mit einem Behinderungsgrad von weniger als 80 % gewährt werden, für die das Stehen beschwerlich ist.
     
  • Die CMI "Stationnement" kann jeder Person ausgestellt werden, deren Fähigkeit und Selbstständigkeit sich fortzubewegen eingeschränkt ist oder die der Gruppe 1 oder 2 der Aggir-Tabelle angehört.

Gut zu wissen

In Frankreich wird der Prozentsatz zur Bestimmung der Beeinträchtigung durch die Behinderung anhand mehrerer Aspekte bestimmt: Gebrechen, Allgemeinzustand, Alter sowie berufliche Fähigkeiten und Qualifikationen.

Wie erhält man einen Behindertenausweis in Deutschland und in Frankreich?

Um den Schwerbehindertenausweis zu erhalten, müssen Sie sich wenden:

  • Entweder an das Landratsamt (und speziell an das Versorgungsamt) Ihres Wohnortes, wenn Sie in Baden-Württemberg leben. Es gibt 8 Landratsämter: Landratsamt Böblingen, Heilbronn, Rastatt, Landkreis Rhein-Neckar, Karlsruhe, Landkreis Enzkreis, Breisgau-Hochschwarzwald, Landkreis Alb-Donau.
  • Oder an das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung - Integrationsamt -, wenn Sie in Rheinland-Pfalz leben. Ein solches Amt gibt es in Koblenz, Mainz, Landau und Trier.

Der Ausweis wird nur Personen ausgestellt, die ihren Wohnsitz (Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt) in Deutschland haben und/oder einen Beruf in Deutschland ausüben.

Der Schwerbehindertenausweis wird entweder dauerhaft erteilt, wenn keine Besserung des Gesundheitszustands zu erwarten ist, oder für eine Dauer von höchstens fünf Jahren.

Gegebenenfalls kann er zweimal verlängert werden.

Um die französische CMI zu erhalten, gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Wer in Frankreich wohnt, kann sie kostenlos bei der für sich zuständigen Maison départementale des personnes handicapées (MDPH) beantragen.
     
  • Französische Staatsangehörige, die im Ausland, insbesondere in Deutschland, leben, können sie bei der Maison départementale des personnes handicapées (MDPH) ihres letzten Wohnorts in Frankreich beantragen oder, falls dies nicht möglich ist, über die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung bei der Maison départementale des personnes handicapées (MDPH) des Departements ihrer Wahl.

 

Die MDPH wird Sie auffordern, eine Akte auszufüllen, die u. a. das CERFA-Formular Nr. 13788*01 enthält, und verschiedene Belege beizufügen (ärztliches Attest, Kopie des Personalausweises, ärztliche Berichte usw.).

Die Gültigkeitsdauer einer CMI liegt zwischen einem Jahr und 20 Jahren. Um sie zu verlängern, müssen Sie einen neuen Antrag bei der MDPH stellen, die Anzahl der Verlängerungen ist jedoch nicht begrenzt.

Die CMI kann auch endgültig erteilt werden, wenn der Grad der Behinderung 80 % beträgt und keine Aussicht auf Besserung besteht.

Welche Rechte haben Sie mit dem deutschen Behindertenausweis in Frankreich?

Derzeit gibt es leider weder eine europäische Harmonisierung noch eine gegenseitige Anerkennung der deutschen und französischen nationalen Behindertenausweise.

Mit dem "Parkausweis für Personen mit Behinderungen in der Europäischen Union" können Sie problemlos auf Parkplätzen parken, die für Menschen mit Behinderungen reserviert sind. Vergessen Sie nicht, den Ausweis so an der linken Ecke Ihrer Windschutzscheibe anzubringen oder auf die Armatur zu legen, dass er von außen gut sichtbar ist.

Sollten Sie dennoch einmal einen Bußgeldbescheid erhalten, müssen Sie das Bußgeld nicht bezahlen bevor Sie Einspruch einlegen. Grund für das Bußgeld ist nicht unbedingt die Nichtanerkennung Ihres deutschen Parkausweises, sondern womöglich die Automatisierung der Kontrollen und Strafzettel in einigen französischen Großstädten (sog. système des Forfaits Post-Stationnement oder FPS), die ein automatisches Kennzeichenlesesystem verwenden, um zu prüfen ob die Parkgebühren tatsächlich bezahlt wurden. Parkausweise, die an Armaturenbrettern angebracht sind, werden leider nicht immer erkannt und die Autofahrer erhalten einen Bußgeldbescheid.

Alle erforderlichen Informationen zum Einspruch (Adresse, Einspruchsfrist usw.) sind auf dem Bußgeldbescheid vermerkt.

Achten Sie darauf, alle angeforderten Belege sowie eine Kopie Ihres deutschen Behindertenausweises (oder Schwerbehindertenausweises) und Ihres europäischen Parkausweises beizufügen.

Bei einer Zugfahrt profitieren Sie mit Ihrem Schwerbehindertenausweis ausschließlich bei Reisen von einer deutschen Stadt in eine französische Stadt von Preisvorteilen und Hilfeleistungen. Bitte beachten Sie, dass Sie Ihre Fahrkarte unbedingt über die Website oder die App der Deutschen Bahn oder an einem Schalter in einem deutschen Bahnhof kaufen müssen. Ihr deutscher Behindertenausweis berechtigt Sie nicht zur Nutzung von Abonnements oder ermäßigten Fahrkarten für Menschen mit Behinderung im Straßburger Straßenbahnnetz, mit Ausnahme des Abschnitts in Deutschland (Kehl Bahnhof bis Kehl Rathaus).

Wie in Deutschland sind französische Freizeiteinrichtungen nicht verpflichtet, Personen mit Behindertenausweis kommerzielle Vorteile anzubieten. Wenn sie solche anbieten, sind sie außerdem nicht verpflichtet, diese auch Inhabern eines deutschen Behindertenausweises zu gewähren.

Um von den gleichen Vorteilen profitieren zu können, sollten in Frankreich wohnhafte Deutsche daher einen CMI beantragen.

Der deutsche und der französische Behindertenausweis auf einen Blick

Vergleich der Behindertenausweise DE/FR

Die Vergleichsübersicht

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(Stand: Oktober 2021)