Strom oder Gas aus Frankreich – ist das möglich?

Pressemitteilung vom 20.09.2022 - Inhalte entsprechen den zu diesem Zeitpunkt gültigen Informationen

Die stark angestiegenen Energiepreise belasten alle Haushalte. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher fragen sich deshalb, ob der günstigere Strom aus Frankreich eine Lösung sein könnte. Doch leider ist die Versorgung mit grenzüberschreitender Energie komplizierter als mit handelsüblicher Ware.

Strom in Frankreich fast um die Hälfte günstiger als in Deutschland

Ein Vergleich der internationalen Strompreise zeigt, dass die Strompreise in Deutschland bereits vor der aktuellen Energie-Krise weltweit zu den höchsten gehörten. Gründe dafür sind u. a. die hohen Steuern und Abgaben sowie die Gebühren der Netzbetreiber.

So lag der durchschnittliche Strompreis für private Haushalte im Dezember 2021 hierzulande bei 33,4 Cent pro kWh, wohingegen Verbraucherinnen und Verbraucher in Frankreich nur 18,4 Cent pro kWh zahlen mussten.

Aktuelle Zahlen zeigen, dass der Unterschied in beiden Ländern nochmals stark angestiegen ist. Im August 2022 musste hierzulande für Strom um die 40,11 Cent pro kWh gezahlt werden. In Frankreich fielen nur 23,02 Cent pro kWh an.

Die französischen Gas- und Strompreise gehören EU-weit zu den niedrigsten, insbesondere, weil Frankreich den staatlichen Energieversorger EDF gezwungen hat, den Anstieg der Großhandelspreise für Strom bis Ende 2022 auf 4 % zu begrenzen. Und auch für 2023 hat die französische Regierung eine Deckelung der Preise angekündigt. 

Deutschland hat im dritten Entlastungspaket ebenfalls eine Strompreisbremse bekanntgegeben, dazu Zahlungen von Energiegeld. Dennoch sorgen sich Verbraucherinnen und Verbraucher weiter um stark ansteigende Strompreise.

Grundsätzlich gilt: der Energieversorger kann frei gewählt werden

Deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher können ihren Energielieferanten grundsätzlich frei wählen. Dieser darf auch aus Frankreich oder einem anderen EU-Land kommen. Bedingung ist jedoch, dass der Lieferant registriert ist, am Wohnort Energie liefert und dem Vertragsabschluss mit dem Antragsteller oder der Antragstellerin zustimmt.

In der Praxis stellen diese Dinge die größten Hindernisse dar. Denn einen Energielieferanten, der bereit ist, Strom ins Ausland zu liefern, ist kaum zu finden.

Hoher Verwaltungsaufwand

Bevor Energie aus Frankreich bezogen werden kann, sind einige bürokratische Hürden zu überwinden. So muss der Kunde oder die Kundin die Erlaubnis des zuständigen Hauptzollamts einholen. Dies kann schriftlich mit dem Formular 1410 erfolgen.

Zuständig ist das Hauptzollamt des Wohnortes an dem der Strom bezogen werden soll. Auf der folgenden Webseite kann das richtige Hauptzollamt mittels Eingabe der Postleitzahl einfach ermittelt werden: Zoll online - Dienststellensuche - Weitere Zuständigkeiten der Hauptzollämter - Ortsauswahl.

Und auch Unternehmen haben zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Wenn ein französischer Stromanbieter Strom nach Deutschland liefert, muss er sich bei Vertragsgestaltung und Rechnungsstellung an deutsches Recht halten.

Unterscheidung zwischen Stromversorger und Netzbetreiber

Der Stromversorger liefert den Strom an den Netzbetreiber. Der Netzbetreiber betreibt das Stromnetz und sorgt dafür, dass der Strom in den Haushalten ankommt.

Verbraucherinnen und Verbraucher können den Stromversorger wechseln, den Netzbetreiber jedoch nicht.

Weitere Hürden und Kosten

Wenn Energie aus Frankreich bezogen wird, gelten die deutschen rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Energielieferungen unterliegen also den hiesigen Steuern, Umlagen, Abgaben und dem Netzentgelt.

Bezieht man den Strom von einem Lieferanten im Inland sind diese Kosten bereits im Endpreis inbegriffen.

Bei einem Stromversorger aus dem Ausland müssen die Kosten von den Endkunden zuzüglich zum Strompreis bezahlt werden. Hinzu kommt, dass die Kosten selbständig an die zuständige Stelle abzuführen sind. Inländische Anbieter übernehmen das für ihre Kunden.

Es wäre also nicht richtig, nur auf die Endpreise zu schauen. Vermeintlich günstiger Strom aus Frankreich kann sich plötzlich als ziemlich teuer erweisen.

Zusätzlich zu den Kosten haben Endverbraucherinnen und Endverbraucher weitere Pflichten, die sonst der Stromversorger übernimmt. Hierzu zählen Aufbewahrungs-, Aufzeichnungs- und Mitteilungspflichten.

So müssen zum Beispiel die vom Versorger bezogenen Strommengen genau aufgezeichnet und über ein Formular regelmäßig und fristgerecht an das Hauptzollamt weitergeleitet werden.

 „Theoretisch ist es möglich, Strom aus Frankreich zu beziehen. Doch selbst wenn man einen Lieferanten findet, der Strom nach Frankreich liefert, sollte man sich fragen, ob der hohe Verwaltungsaufwand und die zusätzlichen Kosten sich am Ende lohnen. Eine Kosten-Nutzen-Analyse ist also unabdingbar“, sagt Désirée Gagsteiger, Juristin beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V.