Die Auswirkungen des neuen deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommens

Deutsche Beschäftigte öffentlicher Einrichtungen, die in Frankreich wohnen, sind seit dem 1. Januar 2016 nicht mehr von der deutschen Lohn- und Einkommenssteuer befreit. Betroffene, besonders Familien, haben dadurch enorme finanzielle Einbußen. In einer gestrigen Informationsveranstaltung in der Kehler Stadthalle erklärten Experten vor 120 Besuchern die neuen gesetzlichen Regelungen und diskutierten Möglichkeiten, wie finanzielle Folgen abgemildert werden können.

Kehl – Anwesend waren Dr. Martine Mérigeau vom Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V., Herbert Litsch vom Finanzamt Offenburg, Bastien Candelier von der grenzüberschreitenden Beratungsstelle Infobest sowie Oliver Stein, Rechtsanwalt, spezialisiert auf deutsch-französische Rechtsfälle.

Stellvertretend für viele andere Betroffene im Saal schilderte eine deutsche Angestellte des Ortenau Klinikums in Offenburg ihre Lage. Mit ihrem französischer Mann und ihren zwei Kindern wohnt sie seit acht Jahren in Straßburg. Als Grenzgängerin war sie bisher von der deutschen Lohn- und Einkommenssteuer befreit. Seit Beginn des Jahres muss sie doppelt so viele Steuern zahlen. Wie kommt das? Als beschränkt Steuerpflichtige fiel sie in Deutschland plötzlich in die Lohnsteuerklasse 1. Ihr Ehegatte und ihre Kinder, die in Frankreich wohnen, fanden keine Berücksichtigung. Hinzu kommt, dass die in Deutschland erzielten Einkünfte als Teil des Familieneinkommens in Frankreich nochmals versteuern werden müssen. Zwar erfolgt eine Anrechnung der in Deutschland gezahlten Steuer in Form eines „Crédit d’impôt“, allerdings ist dieser sehr niedrig: „Wir haben einen Immobilienkredit aufgenommen, den wir jetzt nicht mehr abbezahlen können“, beklagt sich die 35-jährige. Finanziell besser dastehen würde sie, wenn sie die französische Staatsangehörigkeit annehmen und die deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben würde. Auch ein Umzug nach Deutschland wäre von Vorteil. Ihre Lebensverhältnisse ändern möchte sie jedoch nicht.

„Immer wieder werden Bürgern in der Grenzregion neue Hürden auferlegt. Mit dem jetzigen Doppelbesteuerungsabkommen wachsen binationale Familien nicht zusammen, vielmehr wird ihnen in der Zukunftsplanung ein Stein in den Weg gelegt“, sagt Martine Mérigeau.

Erzürnt zeigten sich Besucher insbesondere darüber, dass sie über die finanziellen Änderungen nicht vorab informiert wurden. In der Expertengruppe wurden auch die Möglichkeiten eines Wechsels von einer beschränkten Steuerpflicht in eine unbeschränkte Steuerpflicht vorgestellt.