Vollstreckung eines Gerichtsurteils in Frankreich

Wir erklären, wie Sie ein deutsches Gerichtsurteil in Frankreich vollstrecken können.

Stellen Sie sich vor, Sie halten ein rechtskräftiges deutsches Urteil in Händen. Doch die in Frankreich ansässige Gegenseite weigert sich, dem Folge zu leisten.

Wir erklären Schritt für Schritt, wie Sie das Urteil mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers durchsetzen können.

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Deutsche Gerichtsentscheidungen werden in Frankreich automatisch anerkannt.

In den vergangenen Jahren hat die Europäische Union (EU) die gegenseitige Anerkennung von Gerichtsurteilen in anderen EU-Ländern stark vereinfacht.

Sie müssen also nicht erneut vor Gericht ziehen, um ein Urteil in einem anderen Mitgliedstaat durchzusetzen. Das ist nur nötig, wenn das Urteil außerhalb der EU gefällt wurde.

Um das Urteil zu vollstrecken, haben sie zehn Jahre Zeit.

Gerichtsurteil in Frankreich vollstrecken: Pfändung von Geldbeträgen

Wenn jemand Geldschulden hat und diese nicht freiwillig begleicht, kann ein sogenanntes Pfändungs- und Überweisungsverfahren (auf Französisch procédure saisie-attribution) in Gang gesetzt werden.

Dabei wird eine Gerichtsvollzieherin oder ein Gerichtsvollzieher damit beauftragt, das Geld bei der Schuldnerin oder vom Schuldner einzutreiben.

Wie läuft ein Pfändungs- und Überweisungsverfahren in Frankreich ab?

An einer Pfändung sind hauptsächlich drei Parteien beteiligt:

1. Die Gläubigerin oder der Gläubiger hat eine Geldforderung gegen den Schuldner.

2. Die Schuldnerin oder der Schuldner schuldet dem Gläubiger Geld.

3. Der oder die Dritte, bei dem die Pfändung erfolgt: Das ist normalerweise die Bank des Schuldners, bei der dieser ein Bankkonto hat.

Das Verfahren ermöglicht es Gläubigern, das ihnen geschuldete Geld nicht über den Schuldner selbst, sondern direkt über dessen Bank zu erhalten.

Die Geldschulden sowie die Kosten für den Gerichtsvollzieher werden dabei direkt vom Bankkonto des Schuldners eingezogen. Dies kann verschiedene Kontoarten betreffen wie Girokonten, Sparkonten, Tagesgeldkonten und Gemeinschaftskonten.

Gut zu wissen
Manchmal wird das Geld statt bei der Bank zum Beispiel beim Arbeitgeber des Schuldners eingefordert. Dies nennt man Lohnpfändung (auf Französisch saisie sur le salaire).

Auch gegen eine andere dritte Person, die vorübergehend über Geld des Schuldners verfügt (z.B.eine Notarin oder ein Notar), kann gepfändet werden .

Zustellung der Pfändungsurkunde durch einen Gerichtsvollzieher (Schritt 1)

Um in Frankreich ein Pfändungs- und Überweisungsverfahren in Gang zu setzen, muss der Gläubiger der dritten Person (meist der Bank) eine Pfändungsurkunde (auf Französisch acte de saisie) zukommen lassen.

Das Dokument bescheinigt den Anspruch des Gläubigers. Es muss von einem Gerichtsvollzieher in Frankreich ausgestellt werden.

Die Webseite der Chambre nationale des commissaires de justice hilft Ihnen dabei, eine geeignete Gerichtsvollzieherinoder einen geeigneten Gerichtsvollzieherzu finden.

Tipp

Wählen Sie einen Gerichtsvollzieher aus, der als eine der gesprochenen Sprachen Deutsch angibt.

Der Gerichtsvollzieher erstellt dann die Pfändungsurkunde.

Damit diese gültig ist, muss sie folgende Informationen enthalten:

  • Den Vollstreckungstitel (z.B. Gerichtsurteil), aus dem der Grund der Forderung sowie deren Höhe hervorgeht ( Hauptsumme, zusätzliche Kosten und Zinsen).
     
  • Die Aufforderung an den Schuldner, die Schulden innerhalb von acht Tagen zu begleichen. Zahlt der Schuldner nicht innerhalb der Frist, können Gegenstände in seinem Eigentum (sogenannte bewegliche Güter) zwangsversteigert werden.

Mitteilung durch die Bank, bei der gepfändet wird (Schritt 2)

Die Bank ist dazu verpflichtet, dem Gerichtsvollzieher so schnell wie möglich mitzuteilen, wie viel Geld auf den Konten des Schuldners vorhanden ist.

Ein Hinweis
Das Geld auf dem Konto des Schuldners darf nicht vollständig gepfändet werden.

Ein gewisser Betrag, der sogenannte solde bancaire insaisissable (SBI; auf Deutsch etwa "unantastbarer Banksaldo") muss auf dem Konto verbleiben.

Der SBI entspricht der Höhe der französischen Sozialleistung revenue de solidarité active, die ihren Empfängern ein Mindesteinkommen gewährleisten soll.

Allerdings kann die Pfändung so oft wiederholt werden, bis die gesamte Forderung beglichen ist.

Benachrichtigung des Schuldners über die Pfändung (Schritt 3)

Der Schuldner darf erst über die Pfändung informiert werden, nachdem der Bank die Pfändungsankündigung (avis de saisie) zugestellt worden ist. Dadurch soll ein Überraschungsmoment gewährleistet werden.

Der Schuldner wird dann innerhalb von acht Tagen durch ein vom Gerichtsvollzieher zugestelltes Dokument über die Pfändung informiert.

Gut zu wissen
Der Schuldner kann dem Gläubiger schriftlich dazu ermächtigen, sich das Geld sofort und ohne zeitliche Verzögerung von der Bank (bzw. vom gepfändeten Dritten) auszahlen zu lassen.

Dies fördert eine gütliche (also einvernehmliche) Vollstreckung.

Der Schuldner kann der Pfändung widersprechen

Der Schuldner hat die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Pfändung einzulegen.

Dafür hat er ab Erhalt der Mitteilung über die Pfändung einen Monat lang Zeit.

Der Widerspruch muss beim juge de l’exécution (JEX), dem Vollstreckungsrichter, eingereicht werden. Und zwar an dem Ort, an dem der Schuldner ansässig ist.

Am gleichen Tag muss der Schuldner dem Gerichtsvollzieher schriftlich mitteilen, dass er der Pfändung widerspricht. Dies muss auf dem Postweg per Einschreiben erfolgen. Nur dann ist der Widerspruch gültig.

Der Schuldner muss außerdem die Bank (bzw. den Dritten) durch einen einfachen Brief informieren. Eine Kopie dieses Briefs muss spätestens am Tag der Gerichtsverhandlung bei der Geschäftsstelle des juge de l’exécution (JEX) eingereicht werden.

Die Auszahlung des Geldbetrags

Damit der geschuldete Geldbetrag an die Gläubigerin oder den Gläubiger ausbezahlt werden kann, muss eine Bescheinigung vorliegen, die vom Gerichtsvollzieher ausgestellt wird.

Sie bescheinigt, dass der Schuldner keinen Widerspruch gegen die Pfändung eingelegt hat.